Kommunalwahl

Edwin setzte die Parteitradition des Vaters fort und engagierte sich schon früh als aktives Parteimitglied; auch in der Kommunalpolitik mischte er mit. Seiner Frau Karin war das lange kein Problem, doch nach und nach gewann sie den Eindruck, dass Ihr Mann mehr mit der Partei als mit ihr verheiratet sei und es baute sich eine unterschwellige Aversion gegen das politische Theater, wie sie es nannte, auf.

Dann kamen wieder Wahlen. Es war selbstverständlich, dass Edwin in einer Wahlkommission ehrenamtlich Dienst tat, morgens als Aufsicht im Wahllokal, abends beim Auszählen der Stimmen. Am Nachmittag ging Karin zur Wahl. Ihr Mann, der sich vom Morgendienst erholte, rief ihr scherzhaft nach: „Du weißt ja, wo du dein Kreuz zu machen hast!“

Als sie in der Wahlkabine über die aufgelisteten Parteien hinweg schaute, fiel ihr auf, dass sich unter der letzten ein recht breiter leerer Streifen befand. Da hinein zeichnete sie ohne viel nachzudenken links eine Donald-Duck-Figur und rechts einen Kreis mit einem Kreuz. Dann steckte sie den gefalteten Bogen in den Umschlag und ließ ihn in die Wahlurne gleiten. Gut gelaunt machte sie sich auf den Heimweg.

Abends wurde es ziemlich spät, bis ihr Mann nach Hause kam; nach dem Auszählen der Stimmen trank man noch ein Glas auf den Wahlausgang, die einen in Siegerlaune, die anderen, um den Ärger hinunterzuspülen. Kaum hatte er es sich im Sessel bequem gemacht, als er etwas loswerden wollte. Er habe ja schon manchen ungültigen Wahlzettel gesehen, aber heute habe doch so ein Superdepp das Formular mit Donald Duck bekritzelt und dahinter sein Kreuz gemacht. Er schüttelte noch lange den Kopf. Karin meinte gelassen: “ Es gibt eben manchmal seltsame Leute, die für eine Überraschung sorgen. Hoffentlich habt ihr euch beim langweiligen Zählen ein wenig darüber amüsiert.“