Ein Sternenmärchen

Kathy sitzt am Tisch. Sie hat sich Papier und Stifte geholt und will zeichnen. Ihr größerer Bruder zeichnet auch in seinem Zimmer. Als Kathy gerade einige Linien auf das Papier gebracht hat, kommt die Mutter herein. Sie schaut auf das Blatt und ruft: “ Ach, was für ein schöner Stern!” “Das wird doch eine Blume”, sagt Kathy. “Ja, eine Sternblume”, antwortet die Mutter, “eine Blume mit Strahlen wie bei einem richtigen Stern.” “Was ist ein richtiger Stern?” will Kathy wissen. Die Mutter erklärt: “Richtige Sterne sieht man in klaren Nächten am Himmel; auf der Erde gibt es manche Dinge, die sehen so ähnlich aus, zum Beispiel viele Blüten oder im Meer die Seesterne. Pass auf, ich will dir etwas zeigen!” Mutter holt in der Küche einen Apfel und ein Messer. “Was machst du, Mama?” Die Mutter schneidet den Apfel quer durch und hält Kathy die beiden Hälften hin. “Da schau!” und Kathy sieht in jeder Apfelhälfte einen dunklen Stern mit fünf Zacken. “Ist das ein besonderer Apfel?” fragt Kathy staunend, “ in allen anderen Äpfeln war kein Stern.” “Der Stern ist in jedem Apfel, aber du siehst ihn nur, wenn man den Apfel quer durchschneidet. Wenn wir Äpfel essen, schneiden wir sie fast immer vom Stiel zur Blüte, dann gibt es keinen Stern”, erklärt die Mutter.

Kathy hat das mit dem Stern im Apfel gefallen und zeichnet noch einige, nachdem die Mutter weggegangen ist.

Am Abend, als Kathy ihren Schlafanzug angezogen hat, um ins Bett zu gehen, kommt Mutter mit Kathys Mantel. “Da, zieh den über den Schlafanzug, ich will die etwas zeigen”, sagt sie. Kathy ist ganz erstaunt, denn das hat es noch nie gegeben. Nun nimmt Mutter sie an der Hand und geht mit ihr nach draußen, wo es schon ganz dunkel geworden ist. Mutter zeigt nach oben und sagt leise: “Da, schau zum Himmel.” Kathy hebt den Kopf – und sieht Sterne, viele, viele Sterne, den ganzen Himmel voll. Sie hat früher auch schon manchmal nach den Sternen geschaut, aber so wie heute war das nie gewesen. “So, nun aber ins Bett!” sagt Mutter, und beide gehen langsam ins Haus. In der Nacht hat Kathy einen Traum. Sie sieht viele Sterne am Himmel, doch die stehen nicht still, manche bewegen sich umeinander, einige scheinen Fangen zu spielen, andere bilden zusammen eine Figur, purzeln dann durcheinander und lassen eine neue Figur entstehen. Auf einmal lösen sich ein paar Sterne vom Himmel und schweben herab. Sie kommen immer tiefer, immer näher und landen gerade auf Kathys Bett. Da ist der Traum zu Ende.

Als Katy am Morgen aufwacht, fällt ihr sofort wieder der schöne Sternentraum ein. Und dann bekommt sie ganz große erstaunte Augen, denn auf der Bettdecke liegen – drei Sterne aus süßem Gebäck mit weißem Zuckerguss. Ob das die Sterne sind, die im Traum vom Himmel gefallen waren?